Einleitung: Klimawandel und seine Bedeutung für den Hanfanbau
Der Klimawandel hat weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche der Landwirtschaft. Auch der Anbau von Hanf (Cannabis sativa L.), einer historisch bedeutsamen Kulturpflanze, bleibt davon nicht unberührt. In Deutschland erlebt der Hanfanbau seit einigen Jahren eine Renaissance – sei es für die Gewinnung von CBD-Produkten, in der Bauwirtschaft oder für die Textilproduktion. Doch die Veränderungen im globalen und regionalen Klima stellen Landwirte vor neue Herausforderungen. In diesem Artikel analysieren wir, welche spezifischen Auswirkungen der Klimawandel auf den Hanfanbau in Deutschland hat und was Landwirte künftig beachten müssen.
Bestandsaufnahme: Hanfanbau in Deutschland
Industrieller Hanf ist in Deutschland seit 1996 wieder unter bestimmten Auflagen erlaubt, nachdem der Anbau jahrzehntelang verboten war. Laut der Verordnung (EG) Nr. 1307/2013 sowie § 24 der deutschen Drogenbeauftragten dürfen Landwirte nur Sorten der EU-zugelassenen Liste mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 % anbauen.
Deutschland bietet grundsätzlich gute klimatische Bedingungen für Hanf, da die Pflanze robust ist und sowohl gemäßigte Temperaturen als auch unterschiedliche Bodenarten toleriert. Dennoch sind Faktoren wie Sonneneinstrahlung, Wasserverfügbarkeit und Bodenqualität entscheidend für Ertrag und Qualität der Ernte.
Veränderte klimatische Bedingungen: Chancen und Herausforderungen
Der Klimawandel zeigt sich in Deutschland durch steigende Durchschnittstemperaturen, vermehrte Extremwetterereignisse und Verschiebungen der Niederschlagsmuster (Deutscher Wetterdienst, Bericht 2023).
- Temperaturanstieg: Höhere Temperaturen verlängern potenziell die Vegetationsperiode, was einen Anbau von Hanf auch in nördlicheren Regionen attraktiver machen kann. Gleichzeitig können Hitzeperioden während der Blütezeit den Pflanzenstress erhöhen und zu Ertragseinbußen führen.
- Wasserknappheit: Vor allem in Ostdeutschland nimmt die Bodentrockenheit zu. Hanf benötigt insbesondere während der Keimung und frühen Wachstumsphase ausreichende Mengen an Wasser. Langanhaltende Trockenheit kann das Wachstum hemmen und die Faserqualität beeinträchtigen.
- Starkregen und Überschwemmungen: Wo andererseits Starkregen dominiert, besteht das Risiko von Wurzelfäule und Pilzinfektionen. Besonders in der empfindlichen Keimphase kann anhaltende Nässe die Etablierung der Pflanzen auf dem Feld gefährden.
- Vermehrter Schädlingsdruck: Mildere Winter führen dazu, dass Schädlinge wie der Hanfkapselkäfer (Psylliodes attenuata) in größerer Zahl überleben. Zudem können neue Pathogene eingeschleppt werden, die bislang in Deutschland noch nicht verbreitet waren.
Regionale Unterschiede im Hanfanbau
Norddeutschland könnte langfristig vom Klimawandel profitieren: Warme Sommer und mildere Winter schaffen eine längere Wachstumsperiode für Hanf. Ackerflächen, die vorher zu kühl oder nass waren, könnten an Attraktivität gewinnen.
In Süddeutschland hingegen, insbesondere in bereits heute trockeneren Regionen wie Franken oder Teilen Baden-Württembergs, könnten Wasserknappheit und Hitzestress die Erträge mindern. Hier werden neue Bewässerungskonzepte und trockenresistentere Hanfsorten nötig sein.
Anpassungsstrategien und Lösungsansätze
Um den Risiken des Klimawandels zu begegnen, müssen Hanfbauern verschiedene Strategien in Betracht ziehen:
- Sortenwahl: Züchtung und Auswahl von Sorten, die hitze- und trockenheitsresistenter sind, gewinnt an Bedeutung. Auch eine schnelle Keimung und tiefe Wurzelbildung sind wünschenswerte Eigenschaften.
- Optimierung der Anbausysteme: Mulchen kann helfen, die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten. Die Einführung von Fruchtfolgen mit tiefwurzelnden Pflanzen verbessert zudem die Bodenstruktur und Wasseraufnahmefähigkeit.
- Wassermanagement: Effiziente Bewässerungstechniken wie Tröpfchenbewässerung werden zunehmend wichtiger, insbesondere in trockenen Regionen.
- Bodenschutzmaßnahmen: Erosionsschutz durch Zwischenfrüchte und konservierende Bodenbearbeitung hilft, den Boden auch bei Starkregen intakt zu halten.
- Monitoring und Frühwarnsysteme: Wetterdaten-basierte Frühwarnsysteme ermöglichen eine schnelle Anpassung der Bewirtschaftungsmaßnahmen.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten
Der deutsche Gesetzgeber erkennt die Herausforderungen des Klimawandels für die Landwirtschaft an. Initiativen wie die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) 2023-2027 der EU fördern klimaangepasste Anbaumaßnahmen. Landwirte können beispielsweise Eco-Schemes beantragen, welche explizit Umwelt- und Klimamaßnahmen unterstützen.
Im Rahmen der nationalen Ackerbaustrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL, 2020) werden Programme gefördert, die nachhaltige und resilientere Anbausysteme entwickeln sollen. Dazu zählt auch die Förderung von Forschungsvorhaben im Bereich neuer Hanfsorten und verbesserter Anbautechniken.
Darüber hinaus definiert das Cannabisgesetz (CanG) von 2024 neue Standards für den Anbau von Hanf zu medizinischen und industriellen Zwecken, was zusätzliche Marktchancen eröffnen kann. Der genaue Wortlaut der Gesetzesnovelle ist über das Bundesgesetzblatt (BGBl. 2024 I Nr. XX) einsehbar.
Perspektiven für den Hanfanbau in Deutschland
Hanf gilt als eine relativ klimaresiliente Pflanze im Vergleich zu anderen Kulturarten. Dennoch erfordern die Veränderungen durch den Klimawandel ein Umdenken auf betrieblicher Ebene. Besonders die Auswahl passender Sorten, ein angepasstes Wasser- und Bodenmanagement sowie innovationsfreudige Betriebskonzepte werden zukünftig entscheidend sein.
Die zunehmende Nachfrage nach umweltfreundlichen, langlebigen Produkten – gerade im Bereich der Naturmedizin, Textilien oder Biowerkstoffe – eröffnet dem heimischen Hanfanbau attraktive Perspektiven. In Kombination mit wissenschaftlicher Forschung und gezielter politischer Unterstützung könnte sich Deutschland als bedeutender Standort für nachhaltigen Hanfanbau im europäischen Raum etablieren.