Einführung in die regenerative Landwirtschaft mit Hanf
Die regenerative Landwirtschaft gewinnt weltweit an Bedeutung, insbesondere im Kontext des Klimawandels, der Erschöpfung von Ressourcen und der schwindenden Biodiversität. In diesem Rahmen rückt eine Pflanze zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Hanf (Cannabis sativa). Die vielseitige Nutzpflanze zeichnet sich nicht nur durch ihre industrielle und medizinische Verwendbarkeit aus, sondern auch durch ihre Fähigkeit, Böden zu regenerieren und CO₂ aus der Atmosphäre zu binden.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Hanfanbau im Rahmen regenerativer Landwirtschaft eingesetzt werden kann, welche ökologischen Vorteile er bietet, und welche rechtlichen Grundlagen in Deutschland zu beachten sind.
Was bedeutet regenerative Landwirtschaft?
Regenerative Landwirtschaft ist ein nachhaltiger Ansatz zur Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen, der über die Erhaltung hinausgeht und darauf abzielt, die Bodenfruchtbarkeit wiederherzustellen, das Ökosystem zu stärken und langfristige Resilienz gegenüber klimatischen und ökologischen Herausforderungen zu schaffen. Im Gegensatz zur konventionellen Landwirtschaft liegt der Fokus auf:
- Erhalt und Aufbau von organischer Bodensubstanz
- Förderung der Biodiversität
- Verzicht auf synthetische Pestizide und Düngemittel
- Minimaler Bodenbearbeitung
- Integration von Deck- und Zwischenfrüchten
Hanf erfüllt viele dieser Prinzipien auf natürliche Weise, was ihn zu einer idealen Kulturpflanze in einem regenerativen landwirtschaftlichen System macht.
Hanf als Bodensanierer: Verbesserung der Bodenstruktur und -qualität
Eine der herausragenden Eigenschaften von Hanf ist seine Fähigkeit, die Bodenqualität signifikant zu verbessern. Die tiefreichenden Pfahlwurzeln der Pflanze können bis zu 1,5 Meter tief in den Boden eindringen. Diese Durchwurzelung sorgt für:
- Auflockerung verdichteter Böden
- Verbesserung der Wasserinfiltration und -speicherung
- Erhöhung der mikrobiellen Aktivität im Boden
Darüber hinaus absorbiert Hanf Schwermetalle und Giftstoffe aus kontaminierten Böden – ein Prozess, der als Phytoremediation bekannt ist. Studien zeigen, dass Hanf Schwermetalle wie Blei, Cadmium und Nickel aufnehmen kann (siehe Citterio et al., 2003, Plant and Soil), wodurch sich kontaminierte Böden über Zeit regenerieren lassen.
CO₂-Bindung durch Hanfanbau
Ein wesentlicher Aspekt der regenerativen Landwirtschaft ist die Fähigkeit zur Kohlenstoffbindung. Auch hier zeigt Hanf bemerkenswerte Fähigkeiten. Während der Wachstumsphase absorbiert die Pflanze große Mengen an CO₂ aus der Atmosphäre. Pro Tonne produziertem Hanf können bis zu 1,63 Tonnen CO₂ gespeichert werden (Nova-Institut, 2012). Die eingebundene Biomasse verbleibt in Fasern, Schälresten oder dem bei der Verarbeitung entstehenden Biochar, der wiederum als Bodenverbesserer eingesetzt werden kann.
Im Vergleich zu anderen Nutzpflanzen zeigt Hanf zudem ein besonders günstiges Verhältnis von CO₂-Aufnahme zu nötigem Boden- und Wasserverbrauch, was ihn in Zeiten zunehmender Umweltbelastungen besonders relevant macht.
Biodiversität und Schädlingskontrolle
Durch seine kurze Vegetationsperiode (ca. 100 bis 120 Tage), seine dichte Blattstruktur und das schnelle Wachstum bietet Hanf dem Boden über die gesamte Wachstumsphase Schutz vor Erosion und Auswaschung. Da Hanf von Natur aus sehr widerstandsfähig gegenüber Schädlingen und Krankheiten ist, kann auf den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel größtenteils verzichtet werden.
Weiterhin dient die Hanfpflanze als Lebensraum für zahlreiche Insekten, insbesondere während der Blütezeit. Studien zeigen, dass Hanf zur Unterstützung von Wildbienenpopulationen beitragen kann (O’Brien & Arathi, 2018, Environmental Entomology), was der allgemeinen Bestäuberbiodiversität zugutekommt.
Rechtslage zum Hanfanbau in Deutschland
In Deutschland ist der Anbau von Nutzhanf unter bestimmten Voraussetzungen legal. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) sowie die EU-Verordnung Nr. 1307/2013. Nutzhanf darf nur dann angebaut werden, wenn:
- Die verwendeten Sorten in der EU-Sortliste gelistet sind
- Der THC-Gehalt unter 0,3 % liegt (Stand 2024, vormals 0,2 %)
- Der Anbau und die Aussaat zuvor bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) angezeigt wurden
Aktuelle Informationen zur Anbauanzeige und den zugelassenen Sorten finden Landwirte auf der Website der BLE. Seit der Änderung des BtMG im Jahr 2021 wird zudem diskutiert, industrielle Nutzhanfsorten mit etwas höheren THC-Gehalten legal anzubauen – ein Schritt, der die Auswahlmöglichkeiten für regenerative Betriebe erweitern könnte.
Praktische Implementierung und Fruchtfolge
Hanf ist eine ideale Vorfrucht in der Fruchtfolge, da er Unkraut effektiv unterdrückt und die Bodenstruktur verbessert. Er eignet sich besonders gut im Wechsel mit:
- Getreide
- Hülsenfrüchten
- Mais
Nach dem Hanfanbau ist der Boden zumeist nährstoffreicher und besser durchlüftet, was den Ertrag nachfolgender Kulturen positiv beeinflussen kann. Auch kann Hanf mit Gründüngungspflanzen kombiniert werden, um die Bodenfruchtbarkeit weiter zu steigern.
Herausforderungen und Fördermöglichkeiten
Trotz der ökologischen Vorteile steht der Hanfanbau in Deutschland noch am Anfang. Herausforderungen bestehen insbesondere in der Verarbeitung der Ernte (Faserverarbeitung, Schäbenmarkt) und im Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten. Positiv ist jedoch, dass der ökologische und regenerative Hanfanbau über verschiedene Programme gefördert werden kann, darunter:
- Gemeinsame Agrarpolitik (GAP): Zahlungen für ökologische Vorrangflächen oder Zwischenfrüchte
- Förderung von Innovationen im ökologischen Landbau: Beratung, Forschung und Entwicklung
- Länderspezifische Programme zur Agrar- und Umweltförderung (AUKM, FAKT etc.)
Es empfiehlt sich, bei den zuständigen Landwirtschaftskammern oder Förderbanken gezielt Informationen zu beantragen, um die passenden Programme zu identifizieren.
Fazit: Hanf als Schlüsselpflanze für nachhaltige Landwirtschaft
Hanf ist weit mehr als eine Industrie- oder Genussmittelpflanze. Seine besonderen agrarökologischen Eigenschaften machen ihn zu einer tragenden Säule der regenerativen Landwirtschaft. Er verbessert die Bodenqualität, erhöht die Biodiversität, bindet große Mengen an CO₂ und kann ohne hohe Mengen an Pestiziden oder Dünger angebaut werden. Gleichzeitig stärkt sein Anbau regionale Wirtschaftskreisläufe und bietet Landwirten eine ökologisch und ökonomisch wertvolle Alternative.
Angesichts der zunehmenden Herausforderungen in der Landwirtschaft ist die Integration von Hanf in regenerative Systeme eine vielversprechende Strategie für eine gesündere Umwelt, fruchtbarere Böden und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz.